10. März 2006,
ergänzt im April 2016
Jiří
Lom
verstorben
Fortsetzung von www.Grenzlos.info:
Als Hitler 1939 die ČSR
besetzte, nahm er an Widerstandsaktionen der Nationalen Bewegung der
Arbeitenden Jugend (NHPM) gegen die Besatzer teil, wobei
ihm seine Ausbildung an Waffen und Sprengstoffen zugute kam. Als seine
Gruppe verraten wurde, fiel er 1940 der Gestapo in die Hände und wurde in
Dresden nicht wegen seiner jüdischen Herkunft, sondern wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" vor Gericht
gestellt. Da der Gestapo seine wirkliche Rolle bei den Widerstandsaktionen
verborgen blieb, kam er mit 2 Jahren und 4 Monaten Zuchthaus davon, die er in
Dresden und Waldheim
verbüßte. Anschließend wurde er nach Theresienstadt und von dort nach
Auschwitz-Birkenau deportiert. Nur durch einen Glücksfall entging er der
Vergasung. Er gehörte zu den 1000 tschechischen Häftlingen, die zum
Arbeitseinsatz nach Schwarzheide verschickt wurden. Obwohl seine Füße bluteten
und beim Laufen unerträglich schmerzten, überlebte er den Todesmarsch nach
Theresienstadt, nicht zuletzt auch durch die Hilfe des Sanitäters Heinrich
Roeder und des politischen Mithäftlings Paul Bergmann. "Ich erlebte
unvergessliche Solidarität, aber auch den unbeschreiblichen Terror der willigen
Vollstrecker, die 'Peitschen-Auswahl' des Dr. Mengele [in Auschwitz] und die
lockere Hand des SS-Unterscharführers Blaeser beim Todesmarsch im April [1945]
nach Theresienstadt, der Dutzende meiner Kameraden niederschoss, weil sie nicht
mehr laufen konnten," so Lom vor vier Jahren im "Antifa-Rundbrief"
der VVN-BdA Sachsen (Nr. 1, 2002). "Neunmal am Tode
vorbei!", brachte er rückblickend seine Jahre von der Verhaftung bis zur
Befreiung auf den Punkt.
Nach dem Krieg arbeitete er im Staatsdienst und war im Verband der
antifaschistischen Kämpfer aktiv. Die durch die Sebnitzer Forschungen zum
Todesmarsch vorgelegten Dokumentationen, die Ehrungen der Todesmarschopfer im
Beisein von ihm und seiner Kameraden im Kreis Sebnitz haben zu seiner politischen
Rehabilitierung in der damaligen ČSSR beigetragen. Mit seiner Pensionierung
wechselte der bescheidene, ja unauffällige Lom in die Bibliothek der Prager Jüdischen Gemeinde und blieb bis zum
92. Lebensjahr ihr ehrenamtlicher Bibliothekar. Wegen seines
enzyklopädischen Wissens war er hier hoch geschätzt.
Text: René Senenko