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Wer
die jahrelange Debatte um die neueren Deserteursdenkmäler in
Deutschland verfolgt hat, der konnte sich des Eindrucks nicht
erwehren, dass diese Form der Erinnerungskultur eine rein
westdeutsche Errungenschaft sei (von einigen
Nachwende-Schöpfungen in Erfurt und Potsdam abgesehen). Diese
historisch falsche Sicht wird inzwischen auch von der arrivierten Gedenkpolitik immer
wieder neu generiert.
Doch
von vorne. In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges haben
Feldgendarmen auf kriegsmüde Soldaten, die ihre Waffen abgelegt
hatten und auf dem Weg nach Hause waren, Jagd gemacht und die
Aufgegriffenen als abschreckende Beispiele
im nächstgelegen Ort erhängt oder irgendwo am Ortsrand
erschossen. Bei Erhängungen wählten
sie oft einen vielbegangenen Platz, um der Bevölkerung des Ortes ein
anschauliches Beispiel zu geben, was jedem Volksgenossen blüht,
dessen Durchhaltewillen zu wanken beginnen würde. Es klingt
seltsam: Nichts scheint viele Zivilisten in den letzten Kriegstagen
so entsetzt zu haben als solch eine Hinrichtung
mit ansehen zu müssen. Anders ist nicht zu erklären, weshalb an vielen dieser
Stellen, an denen Soldaten baumelten, bereits kurz nach Kriegsende Gedenktafeln angebracht
worden sind. Im Westen Deutschlands dürften diese Denkzeichen
spätestens mit der Gründung der Bundeswehr verschwunden sein.
Das lag daran, dass man Mitte der 50er Jahre mit dem "Personal" der
Wehrmacht auch dessen Ungeist in die neue Bundeswehr übernahm.
Wikipedia sagt, dass bei Gründung der Bundeswehr "deren
Offiziere und Unteroffiziere fast ausnahmslos aus der
Wehrmacht" stammten.
Nicht
so in der DDR. Zwar war auch dort eine Armee geschaffen worden,
und Deserteure konnten gewiss auch hier keine militärischen
Vorbilder sein, doch die hingerichteten Wehrmachtsoldaten aus
dem letzten Krieg galten zu Recht als Opfer des faschistischen
Krieges. Zwar wurden nach Gründung der NVA vielerorts die
Gedenktafeln für die erhängten Wehrmachtsoldaten in
allgemeine "Opfer des Faschismus" oder "Opfer des
Krieges" umetikettiert. So ist das 1946
angelegte Gräberfeld auf dem Ostfriedhof Leipzig mit den schlichten
Holzkreuzen für 26 getötete Soldaten nicht in eine dauerhafte
Ehrenanlage - wie in Dresden geschehen - umgestaltet worden. Doch
ist in der DDR der Wandel der Erinnerungskultur keineswegs so
monolithisch verlaufen, wie all zu oft unterstellt. Deshalb sind
wir in der Lage, auf dieser Seite einige Stätten vorzustellen,
die auch in der DDR ihre ursprüngliche Widmung bewahrt haben.
Sie müssen heute als die ersten Deserteursdenkmäler Deutschlands, die
ersten deutschen Erinnerungsorte für Opfer der
NS-Militärjustiz überhaupt gelten.
Vergessen
wir nicht, dass im Traditionskanon der DDR ganz oben der Name
des politisch motivierten Deserteurs und Kommunisten Fritz
Schmenkel (1916-1944) stand, nach dem bis in die 1980er Jahre
hinein zahlreiche Einrichtungen und Straßen benannt worden
sind. Noch heute gibt es in Torgau und in Leipzig (Gohlis-Nord)
Straßen, die nach diesem couragierten Soldaten benannt sind. Unsere
nachfolgende Auflistung zeigt, dass Schmenkel nicht der einzige
politische Wehrmachtdeserteur war, für den es im Osten
Deutschlands Erinnerungsmale gab und gibt.
Ein
erster Artikel
im VVN-BdA-Magazin "antifa" (Ausgabe Januar / Februar
2016), der dazu aufrief, uns auf Gedenkorte für Opfer der NS-Militärjustiz in
Ostdeutschland hinzuweisen, brachte wertvolle Hinweise, die alle
in unserer Auflistung Berücksichtigung fanden. Allen Leserinnen
und Lesern der "antifa", die uns auf solche Stätten
hingewiesen haben, sei herzlich gedankt.
René Senenko
Sprecher "Bündnis Hamburger
Deserteursdenkmal"
Hamburg im März 2016
In
der DDR geschaffene Gedenkorte
für die Opfer der faschistischen Militärjustiz / Deserteursdenkmäler
Chronologisch
nach Jahr der Errichtung
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August
1945
Ebersdorf
(Löbau, Oberlausitz)
Adresse
/ Örtlichkeit:
02708 Löbau
(Oberlausitz) OT
Ebersdorf / Sachsen; bei der Jäckelbaude, am Ende des Jäckelwegs; am Fuß des
Südwestabhangs des Jäckelbergs.
Gestaltung: Mehrere Feldsteine,
Granittafel mit erhaben gestalteter Aufschrift.
Aufschrift Gedenkstein: "Hier
ruhen als Opfer des Faschismus 8 kriegsmüde deutsche Soldaten,
erschossen am 7. Mai 1945.“
Initiator: ?
Datum der Einweihung: August 1945
Denkmalstatus: Erfasst in „Liste
der Kulturdenkmale in Ebersdorf“, Stand 15.4.2014, ID-Nr.
08960672.
Fotos: Peter
Emrich, Löbau; loebaufoto.de/eber02.htm; Juli 2004.
Beschreibung:
Christian
Hermann (1970): "Noch
am Morgen des 7. Mai 1945, als der Nordteil des Kreisgebietes
bereits befreit war, wurden acht Soldaten, die ihre Waffen
weggeworfen hatten, um das sinnlose Morden zu beenden, von
einem 'Reichsfeldgericht' in Löbau, Saarlandstraße
(heute Karl-Liebknecht-Straße), nach nur wenige Minuten dauernden
Verhandlungen zum Tode verurteilt. Einer der Offiziere 'rannte
... in der Nachbarschaft umher, bis er sich eine große
Hakenkreuzfahne ausgeborgt hatte, die zur Verkündung der
Urteile aufgestellt wurde. Eines wagten diese Henker jedoch
nicht, die Erschießung dieser Gruppe von Soldaten im
Stadtgebiet. Deshalb zog das Hinrichtungskommando (nach
Ebersdorf) an den Fuß des Jäckel'".
Die
Soldaten hatten sich in der Umgebung von Görlitz aus ihrem
Truppenteil entfernt, um sich in einen für sie sinnlos
gewordenen Krieg nicht noch opfern zu müssen. Sie versteckten
sich am Stadionweg in Löbau, wurden aber von einem Denunzianten
angezeigt. Ihre letzte Ruhestätte fanden sie im Juli / August
1945 auf dem Jäckel.
Biografische
Angaben: Die
Namen der Opfer lauten:
Hubert
Dieteren (*21.11.1920 Aachen), Erwin Führing (*24.10.1913
Bochum), Karl Koroschetz (*2.4.1918 Packenstein / Pakenstein /
Grad Pakenštajn?), Johann Kromp (*21.7.1923 Ritzing / Österr.),
Erich Radke (*20.2.1910 Düsseldorf), Rudolf Schmidt
(*21.12.1920 Lobstädt), Siegfried Wulf (*22.8.1925 Schwerin)
sowie ein unbekannter Soldat.
Literatur
und Quellen:
→Hermann,
Christian: Die Befreiung des Kreises Löbau vom Faschismus und
der beginnende Aufbau neuer örtlicher Selbstverwaltungsorgane.
Hg.: Kommission zur Erforschung der örtlichen Arbeiterbewegung
bei der Kreisleitung Löbau der SED, Löbau 1970, S. 44, o.Abb.;
→Miethe
(1974) S. 430, o.Abb; Traditionskommission
(1988) S. 82, o.Abb.;
→Bundeszentrale (1999) S. 658f, o.Abb.; →Peter
Emrich, Löbau: loebaufoto.de/eber02.htm; Juli 2004.
Stand:
11.7.2016
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1945-48
Löbau
(Oberlausitz)
Adresse
/ Örtlichkeit: 02708 Löbau
(Oberlausitz) / Sachsen; Innenstadt: Brunnenstraße, unweit des Restaurants "Koenig-Albert-Bad"
bzw. des Parkplatzes am Nicolaiplatz.
Gestaltung: Aus Quadersteinen
gesetzte Halbrundnische; in der Nische ein Naturstein mit poliertem
Granitaufsatz und Schriftgravur. Davor ein
sechskantiger Blumentrog.
Aufschrift Gedenkstein: "An
dieser Stelle starben als Opfer des Faschismus einige kriegsmüde
Soldaten“.
Initiator: ?
Datum der Einweihung: ?
Denkmalstatus: Die
Unterschutzstellung wurde von der Willi-Bredel-Gesellschaft am
25.3.2016 beantragt.
Fotos: Peter Emrich, Löbau;
loebaufoto.de/denkmal05.htm; Mai 2004.
Beschreibung: In
der Brunnenstraße (früher Brunnenweg) steht in einer aus
grobgehauenen Steinen gefügten Halbrotunde ein Gedenkstein für die
Soldaten Wagner und Wukasch,
die am 13. März 1945 nach standgerichtlicher Aburteilung durch
das Feldjägerkommando II des Oberkommandos erschossen worden
sind. Desgleichen wurde ein namentlich unbekannt gebliebener
Soldat in den ersten Apriltagen von Feldgendarmen ("Kettenhunden")
aus ihrem Militärfahrzeug gezerrt und im Brunnenweg in aller
Öffentlichkeit niedergeschossen. Weitere
Informationen liegen nicht vor.
Biografische
Angaben:
Die
Namen der Ermordeten: Kurt Rudolf Wagner (Waffengattung /
Dienstgrad: Panzerschütze;
geb.4.5.1923 in Zwickau, zuletzt Panzer-Ersatz- und
Ausbildungs-Abt. 18), Walter Erich Wukasch (Pionier;
geb.6.4.1922 in Malschwitz Krs. Bautzen, zuletzt
Pionier-Ersatz-Bataillon 28) sowie ein unbekannter Soldat.
Information:
Peter Emrich, Löbau.
Literatur und Quellen:
→Kranzniederlegung am Mahnmal; in: Lausitzer Rundschau, Nr. 213,
14.9.1948; →Hermann,
Christian: Die Befreiung des Kreises Löbau vom Faschismus und
der beginnende Aufbau neuer örtlicher Selbstverwaltungsorgane; Hg.: Kommission zur Erforschung der örtlichen Arbeiterbewegung
bei der Kreisleitung Löbau der SED, Löbau 1970, S. 31, o.Abb.; →Miethe (1974)
S. 428, o.Abb.;
→Traditionskommission
(1988) S. 80, o. Abb.;
→Bundeszentrale (1999) S. 708f, o.Abb.; →Deutsche
Dienststelle / WASt Berlin: Auskunft an
Willi-Bredel-Gesellschaft 2.5.2016.
Stand:
9.5.2016
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1948
Peitz
/ Brandenburg
Adresse
/ Örtlichkeit: 03185 Peitz / Brandenburg; Städtischer Friedhof Peitz,
zwischen Kraftwerkstraße und Siedlungsstraße.
Gestaltung: Schwarzer Granitobelisk mit
Inschriftgravur.
Aufschrift Gedenkstein: "Hier
ruhen vom faschistischen Terror gemordet 7 aufrechte unbekannte
deutsche Soldaten“.
Initiator: ?
Datum der Einweihung: 1948
Zustand vor der Einweihung:
?
Denkmalstatus: Erfasst in der
Landesdenkmalliste, Stand 31.12.2013: "Liste der
Baudenkmale in Peitz", Baudenkmal ID-Nr.
09125480.
Foto: lkspn.de; August 2006.
Beschreibung: Die
imposante schlanke Stein mit Obeliskspitze erinnert
an sieben deutsche Wehrdienstverweigerer, die im Frühjahr 1945
auf Befehl des Durchhaltegenerals Ferdinand Schörner erschossen wurden.
Nähere Informationen liegen nicht vor.
Literatur: →Miethe
(1974) S. 204, o.Abb.; →Bundeszentrale (1999) S. 330, o.Abb.
Stand:
4.4.2016
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Original,
bis 1990
Erste
Ersatztafel, 1991
aktueller
Zustand
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1952
Berlin-Mitte
Adresse / Örtlichkeit: 10117
Berlin-Mitte; im Stadtzentrum: Friedrichstraße
141-142, Durchgang der Straße unter der
S-Bahnbrücke am Bahnhof Friedrichstraße.
Aktuelle Gestaltung:
Bronzetafel, 50x40 cm.
Aufschrift Gedenkstein: "Kurz
vor Beendigung des verbrecherischen Hitlerkrieges wurden hier
zwei junge deutsche Soldaten von entmenschten SS-Banditen
erhängt
/ 1952 / erneuert 1999".
Urheber: VVN-Hauptvorstand (Berlin).
Datum der Fertigstellung / Einweihung:
September 1952
Zustand vor der Einweihung:
Gedenktafel (wahrscheinlich aus Holz).
Denkmalstatus: Die zahlreichen
Gedenktafeln in Berlin stehen nicht unter Schutz (man rufe sich
die hohe Diebstahlrate seit 1990 ins Gedächtnis...), es sei
denn sie sind wegen ihrer künstlerischen Gestaltung zugleich
schützenswerte Kleindenkmäler.
Foto oben und
Mitte: antiFA Nr. 7/8 Juli 1991;
Foto unten: kunst-am-wege.de; März 2009.
Beschreibung: An einem der letzten Apriltage 1945 hatten sich
zwei
junge Wehrmachtsoldaten geweigert,
in den Kämpfen, die noch bis zum 2. Mai dauerten, ihr Leben
weiter aufs Spiel zu setzen. Die
SS-Feldgendarmerie erhängte die beiden an den Fenstergittern
des (heute nicht mehr existenten) Buchhandels an der
S-Bahnbrücke Bahnhof Friedrichstraße.
Die "Kettenhunde"1 hatten
den beiden Schilder
umgehängt, auf denen zu lesen war: "Ich war zu feige um meine Frau und meine
Kinder / meine Eltern zu verteidigen".
1952 wurde hier eine der ersten Gedenktafeln Berlins nach dem Krieg angebracht.
VVN-Mitglieder haben nach Kriegsende hier provisorische Gedenktafeln
angebracht. Die VVN kam dann dem Wunsch zahlreicher
Mitglieder nach und ließ 1952 die dauerhafte Tafel anbringen. Anfang Oktober 1990 haben Unbekannte die Tafel entfernt. Der Verein "Aktives Museum"
hat sie in den Jahren 1991, 1993
und 1995 erneuern müssen, weil die aus Plexiglas angebrachten Ersatzplatten immer
wieder zertrümmert wurden. Die sechste Erneuerung - dieses
Mal aus Bronze - ließ die Deutsche Bahn am 9. Dezember 1999 in die
Ziegelwand einsetzen. Da solche Erinnerungstafeln aus DDR-Zeiten
in Berlin unter Denkmalschutz stehen, wurde
auf jeder Ersatztafel die ursprüngliche Inschrift gesetzt.
Literatur
und Quellen: →Miethe
(1974) S. 21, o.Abb;
→antiFA,
Magazin des IVVdN
Ausgabe 7 / 8, Berlin, Juli 1991, S. 8f, 2 Abbn.; →Bundeszentrale (1999) S. 115f, o.Abb.; →Hoss,
Christiane / Schönfeld, Martin: Gedenktafeln in Berlin. Orte
der Erinnerung an Verfolgte des Nationalsozialismus 1991-2001;
hgg. vom Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand; Berlin
2002; S. 110, o.Abb.
Stand:
4.4.2016
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Um
1955
Sangerhausen / Sachsen-Anhalt
Adresse / Örtlichkeit: 06526 Sangerhausen / Sachsen-Anhalt;
An der
Probstmühle (Parkplatz).
Gestaltung: Findling (Braunkohlenquarzit)
mit Platte
Aufschrift Gedenksteintafel: "Zum
Gedenken an unseren Kollegen Walter Telemann / geboren
27.2.1906 in Sangerhausen / erschossen am 4.8.1944 wegen
Verweigerung des faschistischen Kriegsdienstes“.
Urheber: Maschinenfabrik
Sangerhausen im VEB Chemieanlagen Staßfurt in der früheren
Walter-Telemann-Straße.
Datum der Fertigstellung / Einweihung:
vor 1956
Zustand vor der Einweihung:
Die Gedenktafel war vor der Anbringung am Stein "einige
Jahre" zuvor im Haupteingang der Maschinenfabrik angebracht
worden; der
Stein selbst war bis Kriegsende an einem anderen Ort Albert Schlageter
gewidmet.
Foto(s): Dr. Peter Gerlinghoff, Initiative "Erinnern und Gedenken"
Sangerhausen; August 2014.
Denkmalstatus: Nach
Antrag der Willi-Bredel-Gesellschaft
wurde der
Stein am 25.4.2016 als Kleindenkmal in die Denkmalliste des
Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen, ID: 10705079.
Beschreibung: Nach
dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde für Walter Telemann eine
Erinnerungstafel im Haupteingang der Maschinenfabrik in
Sangerhausen angebracht. In den 1950er Jahren errichtete man auf
dem gegenüberliegenden Parkplatz einen großen Quarzitsteins und befestigte die erwähnte Gedenktafel daran. Die
vorbeiführende Straße trug den Namen Telemannstraße.
Allerdings wurde sie Anfang der
1990er Jahre in
"An der Probstmühle" umbenannt. Wann
genau die Gedenktafel geschaffen und der Gedenkstein gesetzt worden
ist, war nicht zu ermitteln. Vor Walter Telemanns einstigem Wohnhaus
in der Bahnhofstraße
21 gibt es seit 2014 einen Stolperstein, der an ihn
erinnert.
Biografische Angaben: Walter
Telemann
wurde
als Sohn einer Landarbeiterfamilie am 27. Februar 1906 in
Sangerhausen, Schlossgasse 4, geboren. Nach Abschluss der achtjährigen
Volksschule arbeitete er im Eisenwerk Barbarossa und später in
der Maschinenfabrik Sangerhausen. Er war zunächst
Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ), trat aber
1923 zum Kommunistischen Jugendverband (KJVD) über. Walter
Telemann war verheiratet und hatte zwei Kinder. Gegen seine Überzeugung
wurde er 1940 zum Wehrdienst eingezogen und kam nach der
Ausbildung in Erfurt beim Panzergrenadier-Regiment 59 in
Mittelrussland zum Einsatz. Am 13. Mai 1943 wurde er, inzwischen
Gefreiter, im Gebiet Orjol schwer verwundet.
Nachdem 1944 sein Regiment bei Bobrujsk / Bjelorussland zerschlagen war, beschloss Walter Telemann,
sich dem weiteren Krieg zu verweigern; er setzt sich von der Truppe ab. Am 4. August wird
er von den Feldjägern gestellt und bei Sparken (poln. Szparki,
Masurien) standrechtlich erschossen. Er gehört zu den
Menschen, die im Krieg aus Überzeugung die Waffen niedergelegt
haben.
Information: Dr.
Peter
Gerlinghoff, Initiative
"Erinnern und Gedenken" Sangerhausen.
Literatur
und Quellen:
→Miethe
(1974) S. 311, o.Abb; Kommission zur Erforschung der Geschichte
der Örtlichen Arbeiterbewegung bei der Kreisleitung
Sangerhausen
der SED (Hg.): Ihr
Kampf ist uns Mahnung und Verpflichtung - Lebensbilder: Kämpfer gegen
Imperialismus, Militarismus und Faschismus. Zur Geschichte der
Arbeiterbewegung im Kreis Sangerhausen, Heft 1, o.J. [1979], S. 34-35;
→Bundeszentrale (1999) S. 584, o.Abb.
Stand: 6.4.2016
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1956
Dresden
Adresse / Örtlichkeit: 01099
Dresden / Sachsen; in der Neustadt: Nordfriedhof,
Marienallee / Kannenhenkelweg 1, am
Südwestrand der
Dresdner Heide.
Gestaltung: Gedenkstein und Gräberfeld
mit Kissensteinen aus Granit.
Aufschrift Gedenkstein: "Gedenkt
der Soldaten / die gegen Krieg und / Faschismus kämpfend / den
Opfertod starben“.
Urheber: Rat der Stadt Dresden.
Datum der Fertigstellung / Einweihung:
1956; 2004
Denkmalstatus: Der Nordfriedhof ist
als Gesamtanlage erfasst in der "Liste
der Kulturdenkmale in der Neustadt" (Dresden),
Stand Januar 2006; das hier vorgestellte Gräberfeld bzw. einzelne Komponenten
davon sind nicht gesondert gelistet.
Fotos: Gedenkstein: Brigitte
Drinkmann, 2011; Gräberfeld: René Senenko, August 2013.
Beschreibung: Rechts vom Hauptweg, hinter den Trennwänden der
Friedhofsbereiche finden wir ganz am Rande des Totenackers einen meterhohen Gedenkstein, vor dem sich - visuell
unterschieden von anderen Gräbern - zahlreiche Liegesteine mit Namensgravuren von
136 Wehrmachtsoldaten befinden. Es handelt
sich in der Mehrheit um Opfer der hiesigen Feldgerichte des Zweiten Weltkrieges.
Zwischen 1941 und 1943 wurden mehr als 40 Militärangehörige in der Hinrichtungsstätte am Münchner Platz
enthauptet, rund 50 (oder mehr) am MG-Schießstand
Dresden-Klotzsche oder an einem Schießübungsplatz in der
Dresdner Heide erschossen. Die übrigen schieden
durch Suizid aus dem Leben; zwei der Opfer wurden „auf der Flucht“ erschossen.
Nach ihrer Hinrichtung wurden viele dieser Toten an abgelegener Stelle
des Friedhofes verscharrt. Ab 1956 sind alle Opfer in
eine würdigen Gemeinschaftsanlage umgebettet worden. Die gärtnerische
Neugestaltung dieses Friedhofsteils veranlasste und finanzierte
der Rat der Stadt
Dresden. Im Jahr 2004 kamen die Liegesteine hinzu, die den
Charakter des Gedenkorts mit dem Stein in ein ansehnliches Gräberfeld
verwandelten. Jeder Stein ist mit Gravuren von vier Opfernamen
und den Geburts- und Sterbejahren versehen.
Auf einer großformatigen Informationstafel des
"Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge" aus dem Jahr 2011 am
Eingang des Friedhofs wird dieses Gräberfeld mit dem denunziatorischen und den Sachverhalt verschleiernden Titel “Deutsche Verurteilte und Selbstmörder"
benannt, - ein Rückgriff auf den Nazijargon für
die genannten Opfer.
An zwei auf dem Gräberfeld ruhende Soldaten, Gerhard Timm
aus Wedel (Schleswig-Holstein), und Erich Meyer aus Hamburg,
erinnern seit 2015 und 2016 in deren Heimatorten
Stolpersteine.
Literatur:
→Miethe
(1974) S. 408, o.Abb; →Goldenbogen,
Nora: Dresden, Landeshauptstadt; in:
Bundeszentrale (1999) S. 656, o.Abb.;
→VVN-BdA Stadtverband Dresden
(Hg.): Dresdner Gedenkorte für die Opfer des NS-Regimes, Eine
Dokumentation von Herbert Goldhammer und Karin Jeschke; Dresden
2002, 2.Aufl. 2006, S.112, 3 Abbn.;
→Diesseits und Jenseits. Der
Friedhofswegweiser Dresden; Leipzig 2011, S. 40-44, o.Abb.;
→nicht bei: Traditionskommission
(1988);
→nicht bei: Otte, Rolf: Denkmale und Erinnerungsstätten der
Arbeiterbewegung, des Kampfes gegen den Faschismus und der Anfänge
des Neuaufbaus in der Stadt Dresden, aus: Rolf Otte und Horst
Schneider: Eine Betrachtung zur "Abwicklung" von
Geschichtstradition in Dresden; Dresden 1998, S. 9-47
(Redaktionsschluss 5.7.1998);
→nicht bei:
Nordfriedhof. Informationen zu Grabarten, Bestattungs- und
Beisetzungsmöglichkeiten; Hg.: Städtisches Friedhofs- und
Bestattungswesen Dresden, 2014, mit einem Kapitel "Zur
Friedhofsgeschichte" (S. 2-3).
Stand: 11.7.2016
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1965
Friedland
/ Mecklenburg
Adresse
/ Örtlichkeit: 17098 Friedland / Mecklenburg-Vorpommern;
Pasewalker Straße, an der Einmündung zum Neuen Friedhof,
Ostseite.
Gestaltung: Gedenkstein / Betonsäule mit
Granitplatte.
Aufschrift Gedenkstein: "Am 27.
April 1945 wurden hier zwei von der Sinnlosigkeit des Krieges
überzeugte junge Soldaten von SS-Bestien ermordet."
Initiator / Urheber: ?
Datum der Einweihung: April
1965
Zustand vor der Einweihung: ?
Denkmalstatus:
Gelistet
in "Liste der Baudenkmale in Friedland (Mecklenburg)",
Stand
18.3.2011, keine Objektnummer ermittelt.
Fotos: -
Beschreibung: Es handelte sich bei den drei
Ermordeten um Soldaten, die in
Galenbeck, einem Nachbarort
Friedlands, versucht
hatten, sich aus ihrer Einheit abzusetzen und sich der weiteren
Kriegsbeteiligung zu entziehen. Zwei wurden von der Feldkommandantur in Friedland
arretiert. Einer von ihnen, im Zivilleben Bankbeamter, wurde erschossen
und dann zusätzlich stranguliert, der zweite Soldat (18 Jahre) wurde
erhängt. Dem dritten gelang die Flucht. Zur Zeit liegt uns kein Foto der Anlage vor.
Literatur:
→Miethe
(1974, S. 114, o.Abb.;
→Bundeszentrale (1999) S. 407, o.Abb.
Stand:
4.4.2016
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1965
Dippoldiswalde
/ Sachsen
Adresse
/ Örtlichkeit:
01744 Dippoldiswalde / Sachsen; Innenstadt: Obertorplatz, Ecke Brauhofstraße /
Herrengasse.
Gestaltung: Gedenkstein mit
gravierter Inschrift.
Aufschrift Gedenkstein: "Hier
wurde von faschistischen Schergen der Soldat Johannes Rockstroh
am 8. Mai 1945 ermordet“.
Initiator / Urheber: ?
Datum der Einweihung: 8. Mai
1965.
Denkmalstatus: Erfasst in
"Denkmalliste Dippoldiswalde", Stand 15.3.2011, Objekt
Nr. 08963033.
Foto oben: Bildergalerie geri-oc,
Juni 2012; Foto unten: Dieter
Mende, März 2016.
Beschreibung: In den letzten Kriegstagen verbargen sich in den Wäldern im
Osterzgebirge um Dippoldiswalde noch SS-Einheiten, deren Terror
gegen die eigene Bevölkerung und heimkehrende Soldaten noch
manches Opfer forderte. Am Morgen des 8. Mai 1945 griffen
zwei Feldgendarmen in der Gegend um den Ort einen Soldaten ohne
Waffen auf (was der Desertion gleichkam). Sie schleppten ihn gegen
10 Uhr nach Dippoldiswalde, zum Obertorplatz.
Der Platz war belebt, viele Einwohner und Hunderte Soldaten, die
den Ort mit ihren Einheiten passierten, beobachteten das
Geschehen. Zahlreiche Frauen hatten sich am Wasserbassin des
Platzes eingefunden. Die beiden Feldgendarmen
("Kettenhunde") banden an einem Strommasten gegenüber
der Bäckerei Lindner ein Seil fest und legten es dem
Gefangenen (der noch seine Uniform und Stiefel trug) um den Hals.
Auch hängten sie ihm ein Schild mit der Aufschrift "Ich habe die
Waffen gestreckt. So ergeht es jedem Vaterlandsverräter" (oder
ähnlichlautende Aufschrift) um. Dann legten sie mehrere Ziegelsteine
am Masten nieder, auf die sich der Soldat stellen musste. Gegen
14 Uhr stießen sie die Steine unter seinen Füßen weg. Eine
der Frauen, die die Szene verfolgt hatte, ging auf den Erhängten zu, las das Schild und fragte die
beiden Kettenhunde: "Warum habt Ihr das gemacht? Der Krieg
ist doch sowieso verloren". Sie antworteten: "Wenn Sie
nicht ruhig sind, hängen wir Sie gleich daneben". Am
nächsten Tag (9. Mai 1945) zog morgens fünf Uhr die Rote Armee in der Stadt ein.
Bei der Einweihung des Gedenksteins im Jahr 1965, an dem trotz
Regenwetters mehrere Hundert Bürger teilhatten, sagte der
SED-Sekretär Heinz Möbius in seiner Ansprache: "Der
Gedenkstein soll uns Mahnung sein, alles zu tun, damit nie
wieder vom deutschen Boden Krieg ausgeht."
Biografische
Angaben:
Bei dem Erhängten handelte es sich um den Soldaten Johannes Karl Rockstroh,
geboren am 8.10.1903 in Aue / Erzgebirge. Der kaufmännische
Angestellte war verheiratet, seine Familie lebte in Venusberg
(bei Zschopau); er hatte einen Sohn.
Information: Dieter Mende,
Heimatforscher und ehrenamtlicher Denkmalpfleger; Dippoldiswalde.
Literatur und Quellen:
→Erzgebirgs-Echo (Heimatzeitung des
Kreises Dippoldiswalde, Tageszeitung, Hg.:
SED-Kreisparteiorganisation Dipp. und Nationale Front
des Demokratischen Deutschland / Kreisausschuss Dipp.
vom 12.5.1965 (2 Berichte);
→Miethe
(1974) S. 418, o.Abb; →Bundeszentrale (1999) S. 640, o.Abb.; →Konrad
Knebel, Dr. Günter Groß, Marion Eichentopf, Dietmar Schulze:
Stadtchronik Dippoldiswalde 1900–2000, Hg.: Lohgerber-,
Stadt- und Kreismuseum Dippoldiswalde, 2005, S. 283, 1 Abb.
(Ehrung im Jahr 1975);
→Traditionskommission
(1988)
S. 45, o.Abb.
Stand:
4.4.2016
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1960er
Jahre?
Görlitz
Adresse
/ Örtlichkeit:
02826 Görlitz / Sachsen, Innenstadt: Postplatz
18, Gerichtsgebäude, linker Gebäudeflügel.
Gestaltung: Gedenktafel, Inschriftgravur.
Aufschrift Gedenkstein: „Platz
der Befreiung / Auf diesem Platz lagen im Frühjahr 1945 von
faschistischen Mordkommandos umgebrachte Soldaten und Bürger.
Die Toten mahnen die Lebenden.“
Initiator: ?
Datum der Einweihung: Nicht
ermittelt.
Denkmalstatus: Aufgeführt in „Liste
der Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Görlitz“ (Wikipedia).
Der gesamte Gebäudekomplex Postplatz 18 mit der hier
vorgestellten Tafel ist im Denkmalverzeichnis von Görlitz mit
der Objektnummer 09280663 ("Amtsgericht") erfasst;
Stand 4.4.2016.
Fotos: Frank
Vincentz, 20.9. 2010.
Beschreibung:
Als sich in
den letzten Kriegstagen 1945 die Front der
Stadt Görlitz
näherte, wurden zahlreiche Leichen von Fahnenflüchtigen und Plünderern
an der Südwestseite des Platzes zur Abschreckung abgelegt und
zur Schau gestellt. Nähere Informationen liegen derzeit nicht
vor.
Biografische
Angaben: Die
Namen der Opfer sind nicht ermittelt.
Information:
Landesamt
für Denkmalpflege Sachsen, Dresden.
Literatur: →Miethe
(1974) S. 425f, o.Abb;
→Traditionskommission
(1988) S. 63, 1 Abb.; →Bundeszentrale
(1999) S. 671, o.Abb.
Stand:
4.4.2016
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1960er
Jahre
Schwedt
an der Oder
Adresse
/ Örtlichkeit:
16303 Schwedt (Oder) / Brandenburg; Am Rondell in der "Parkanlage Stengerhain", Bahnhofstraße gegenüber Nr.
24.
Gestaltung: Marmortafel auf
Stahlstangen, farblich hervorgehobene Gravur der Inschrift
Aufschrift Gedenkstein: "Hier
wurde im März 1945 ein junger Soldat von Faschisten erhängt,
weil er den Frieden wollte“.
Initiator: ?
Datum der Einweihung: 1960er Jahre.
Zustand vor der Einweihung:
Gedenktafel aus Holz.
Denkmalstatus: Die
Unterschutzstellung wurde von der Willi-Bredel-Gesellschaft am 29.3.2016 beantragt.
Foto: schwedt.eu; um 2011?
Beschreibung: Die
auf eine Stangenlehne aufgesetzte Tafel erinnert an einen vor
Kriegsende hingerichteten Wehrmachtsoldaten. Es handelt sich um
den 20jährigen Panzergrenadier Norbert Robert, der aus Köln
stammte und im Zivilleben Lehrer war. Der Soldat hatte
zufällig in einem Flüchtlingstreck, der die Stadt passierte,
seine Mutter entdeckt und sie einen Kilometer lang begleitet, um
mit ihr sprechen zu können. Dieser Vorfall führte -
wegen "unerlaubter Entfernung von der Truppe" - zu
seiner Verhaftung und zur Verurteilung zum Tode. Nach der
Vollstreckung trug der Leichnam ein Schild mit der Aufschrift:
"Ich, Norbert Robert, habe die Truppe verlassen. Darum
musste ich den Tod durch den Strick erleiden."
Die Tafel in der heutigen Form stammt aus den 60er Jahren. Sie ersetzte eine hölzerne
Vorgängertafel, die den gleichen Text trug. Der junge Soldat
war nicht der einzige, der in Schwedt wegen dieses Tatbestands
standgerichtlich zu Tode kam. Kurt Flöter, Bürgermeister in
der 10 Kilometer entfernten der Kleinstadt Königsberg in der
Neumark (heute Chojna, Westpolen) wurde von einem
SS-Standgericht unter Vorsitz des bekannten SS-Kommandeurs Otto
Skorzeny zum Tode durch Erhängen verurteilt, weil er seinen Ort,
der kurz vor der Einnahme durch sowjetische Einheiten stand,
ohne Räumungsbefehl verlassen hatte. Das Urteil wurde am 4.
Februar 1945 an einer Kastanie auf der Schloßfreiheit
vollstreckt. Wegen Desertion wurden kurz später - am 7. Februar
- auf dem Kräniger Damm vier Soldaten hingerichtet, ebenfalls
durch Erhängen. Am 20. Februar starben weitere Soldaten diesen
sinnlosen Tod.
Information: Ursula
Dittberner, Stadtmuseum Schwedt.
Literatur:
→Miethe (1974) S.197, o.Abb.;
→Bundeszentrale
(1999) S. 347, o.Abb.;
→Ballentin,
Günter: Die Zerstörung der Stadt Schwedt/Oder 1945,
Eigenverlag Berlin 2005, Zweitaufl. 2006, S. 93f, o.Abb.;
→Schulze,
Doris: Denkmalführer der Stadt Schwedt/Oder, Denkmäler und
Bauten mit ortsgeschichtlichem Bezug und Gedenksteine;
Hg.: Stadt Schwedt, 2014, S. 31-32.
Stand: 15.4.2016
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Nach
1973
Berlin-Friedrichshain
Adresse
/ Örtlichkeit: 10245 Berlin-Friedrichshain; Revaler Straße
99.
Gestaltung:
Tafel an
Gebäudewand.
Aufschrift Gedenkstein: "Fritz
Schmenkel, geb. am 16.2.1916, ein Leben als Kommunist und
Patriot. Ermordet von den Faschisten am 22.2.1944“ / [Porträtbildnis].
Initiator: Gesellschaft für Sport
und Technik (?)
Datum der Einweihung: Mitte der
1970er.
Heutiger Zustand: Tafel entfernt.
Denkmalstatus: ohne
Foto: gedenktafeln-in-berlin.de;
undatiert, Bildautor nicht ermittelt.
Auf dem Foto ist die Fläche an der Gebäudewand erkennbar, an der
einst die Tafel befestigt war.
Beschreibung: Die an der Betriebsberufsschule
des Reichsbahnausbesserungswerks Berlin (Haus 04)
angebrachte Gedenktafel soll von Betriebsangehörigen 1991
entfernt und gesichert worden sein (bei Hoss / Schönfeld, S.
256, heißt es lapidar: "Entfernung durch die Reichsbahn
1991"). Wo sie lagert, ist den mit
Denkmalerhalt befassten Stellen nicht bekannt. In der DDR sind in den 70er und 80er Jahren des 20.
Jhs. viele Straßen und
Einrichtungen nach
Fritz Schmenkel benannt worden, so auch die Straße in
Berlin-Karlshorst, in der sich das Kapitulationsmuseum befindet
(heute Rheinsteinstraße).
Noch heute tragen Straßen in Torgau (Sachsen) und in Leipzig (Stadtteil
Gohlis-Nord) den Namen des couragierten Soldaten.
Biografische
Angaben: Fritz Schmenkel, 1916 bei Stettin / Szczecin geboren, wurde 1938
zur Wehrmacht eingezogen, desertierte 1941 an der Ostfront und
lief zu sowjetischen Partisanen im Smolensker Gebiet über. Bei
einer seiner Einsätze im Hinterland der besetzten Gebiete wurde
er festgenommen, von einem Kriegsgericht im bjelorussischen Minsk am 15. Februar
1944 zum Tode verurteilt und am 22. Februar durch ein Erschießungskommando
hingerichtet.
Information:
Den Hinweis auf Fritz Schmenkel verdanken wir Karlen Vesper
(Berlin).
Literatur:
→Bundeszentrale (1999) Seiten 58, 92, o.Abb.; →Hoss,
Christiane / Schönfeld, Martin: Gedenktafeln in Berlin. Orte
der Erinnerung an Verfolgte des Nationalsozialismus 1991-2001;
Hg.: Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand; Berlin
2002; S. 256, o.Abb.; →nicht bei Miethe (1974).
Stand:
4.4.2016
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Ehem.
Wehrmachts-
gefängnis Anklam
Todeszellen
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Mitte
1970er Jahre
Anklam
Adresse
/ Örtlichkeit:
17389 Anklam / Mecklenburg-Vorpommern; Adolf-Damschke-Straße 5A.
Gestaltung: Todeszellentrakt als
Gedenkort.
Initiator: Kulturbund der DDR,
Anklam; seit 2005 Zentrum
für Friedensarbeit.
Datum der Einweihung: Mitte 1970er
Jahre.
Zustand vor der Einweihung:
Gedenk-Inschrift der VVN an der Stirnwand des Südfügelkellers,
seit 1946.
Denkmalstatus: Erfasst in der Liste
der Baudenkmale in Anklam, Stand 30.12.1996.
Fotos: friedenszentrum-anklam.de
(Fotos abgerufen im April 2016).
Beschreibung: In
den Jahren 1938
und 1939 errichtetes Wehrmachtsgefängnis, in dem bis
Kriegsende mehrere Tausend Soldaten wegen des Tatvorwurfs Fahnenflucht,
unerlaubte Entfernung und Wehrkraftzersetzung inhaftiert waren
(ein Autor schätzt die Zahl auf 15.000). Die Gesamtzahl der
nachgewiesenen Hinrichtungen (die im Innenhof durchgeführt
wurden) beläuft sich auf 139 (Stand 2016). Die tatsächliche
Zahl lag doppelt oder dreifach so hoch. Nach Kriegsende
diente das Gebäude als Getreidespeicher. 1961 begann eine
Arbeitsgruppe des Kulturbundes der DDR mit den Forschungen;
Mitte der 1970er Jahre wurde der Todeszellentrakt als
Gedenkstätte eingerichtet, die bis 1990 erhalten blieb. Danach
verfiel das Gebäude. 2005 übernahm die Stiftung
Zentrum für Friedensarbeit
Anklam das Objekt, sanierte es und richtete erneut einen
Gedenkort ein. Das Zentrum verbindet historisches Gedenken mit
aktiver Friedens- und Umweltarbeit.
Information: Stiftung
Zentrum für Friedensarbeit,
Hansestadt Anklam.
Literatur:
→Miethe (1974) S.116, o.Abb.;
→Bundeszentrale
(1999) S. 388, o.Abb. (Informationen politisch motiviert und
nicht korrekt);
→Schulz, Ulrich und Stephan Tanneberger: Das
ehemalige NS-Wehrmachtsgefängnis Anklam. Fakten und
Zeitzeugenberichte, hgg. vom Zentrum für Friedensarbeit
"Otto Lilienthal" Hansestadt Anklam o.J. (2011);
→Landeszentrale für politische Bildung
Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Gedenkstättenführer.
Bildungsarbeit an historischen Orten zur Geschichte politischer
Gewalt im 20. Jahrhundert in Mecklenburg-Vorpommern; Schwerin
2013, S. 30-31, 3 Abbn. (abweichender Text zur Auflage von 2011).
Stand: 20.4.2016
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1977
Forst
(Lausitz)
Adresse
/ Örtlichkeit: 03149 Forst (Lausitz) / Brandenburg; Spremberger Straße / Ecke Triebeler
Straße; unweit des „Stadions am
Wasserturm“.
Gestaltung: Gedenkstein / Findling mit
Texttafel.
Aufschrift Gedenkstein: "An
dieser Stelle wurden 1945 4 Kriegsgegner durch die faschistische
Wehrmacht ermordet / Ehre ihrem Andenken“ / [VVN-Verbandslogo].
Initiator: Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes (VVN).
Datum der Einweihung: 1977
Zustand vor der Einweihung:
Gedenktafel (spätestens 1952 installiert).
Denkmalstatus: Erfasst in der
"Liste der Baudenkmale
in Forst", Stand 31.12.2014, ID-Nr. 09125107.
Foto: deutsche-digitale-bibliothek.de;
undatiert.
Beschreibung: Der
Stein erinnert an vier erhängte, namentlich ungenannte Menschen, die
kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges hingerichtet worden sind.
Durch Zeitzeugenbefragungen gesichert ist lediglich die
Erkenntnis, dass zwischen Februar und April 1945 mehrere
Soldaten sowie ein sowjetischer Zwangsarbeiter, die durch ein
Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet worden
waren, im Bereich eines freien Platzes am Wasserturm an
mehreren, extra aufgestellten Pfählen drei Wochen lang zur Schau gestellt worden sind.
Unter den Opfern sollen sich drei oder vier Soldaten, darunter
ein Feldwebel, befunden haben, den man Plünderung,
Desertion oder "Feigheit vor dem Feind" zur
Last legte. Forst
lag
zum Zeitpunkt der Vollstreckungen im Befehlsbereich des
Generals Ferdinand Schörner, der für solche Verbrechen auch
gegenüber eigenen Truppenangehörigen berüchtigt war (vgl.
hier auch Peitz). Die Namen der Opfer konnten bisher
nicht ermittelt werden.
An der Stelle des Schaugalgens wurde 1977 der Findling auf einer kleinen
dreieckigen Verkehrsinsel an der Friedrich-Engels- /
Karl-Marx-Straße aufgestellt (heute Spremberger Straße / Ecke Triebeler
Straße). Er ersetzte eine zuvor existierende
Gedenktafel. Der Text der Tafel war gleichlautend mit der
heutigen Aufschrift, nur anstelle der "4 Kriegsgegner"
hieß es auf der Tafel früher: „4 Soldaten und
Zivilisten". Die Straßenbaumaßnahmen zur Einrichtung eines
Verkehrskreisels am Wasserturm
beendeten das Inseldasein. Der
Gedenkstein wurde im Jahr 2009 versetzt und einige Meter weiter südlich am Gehwegrand
aufgestellt.
Des weiteren wird auf dem Hauptfriedhof von Forst an weitere 80
(!) Wehrmachtdeserteure aus dem Dorf Weissagk erinnert, die im
April 1945 von der SS erschossen worden sind und - als Weissagk
der Braunkohle weichen musste - nach Forst umgebettet worden
sind. Da der Gedenkstein aber die aussagearme Aufschrift „80 namenlose
Deutsche“ trägt, findet er in unserer Liste - wie andere
Stätten mit solch inkonkreten Widmungen - keine
Berücksichtigung.
Information:
Dr.
Jan Klußmann, Leiter des Stadtarchivs Forst;
Vera Dost, VVN-BdA Land Brandenburg.
Literatur
und Quellen:
→Miethe
(1974) S. 2010, o.Abb.;
→Bundeszentrale
(1999) S. 268, o.Abb.;
→Eine
Blume für im Februar 1945 gehängte Soldaten. Forster
Zeitzeuge gedenkt Kriegsgegnern (Verfasser/in: ssr), in: Lausitzer
Rundschau, 20.11.2013, 1 Abb.
Stand: 20.4.2016
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Der
Heimatforscher Roland Scharff
am 5. April 2010
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Oktober
1978
Georgenthal
(Landkreis Gotha)
Adresse
/ Örtlichkeit: 99887 Georgenthal (Landkreis Gotha) /
Thüringen;
unweit des ehemaligen Bahnhofs „Georgenthal Ort“ /
Schwabhäuser Kopf.
Gestaltung: Gedenkstein /
Findling, längster Durchmesser 130 cm, max. Höhe 55 cm;
Kupfertafel 20x25cm mit Inschrift.
Inschrift Kupfertafel: "Otto
Fabian / geb. 1.10.1894 / von Faschisten ermordet am 5. April
1945“.
Initiator: Lehrer Roland Scharff
sowie Nationale Front der DDR, Ortsausschuss Georgenthal.
Datum der Einweihung: 1.10.1978.
Ergänzt um Kupfertafel am 1.10. 1979.
Denkmalstatus: Am 14.4.2016 stellte
die Willi-Bredel-Gesellschaft Geschichtswerkstatt e.V. Hamburg den
Antrag auf Unterschutzstellung; der Antrag wurde
am 30.6.2016 abschlägig beschieden.
Foto: asolveroth.de / Roland
Scharff, Georgenthal.
Beschreibung: Der Kaufmann Otto Fabian wurde am 1.10.1894 in Auma
/ Thür. geboren. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Oberleutnant
Fabian am 28.3.1942 krank in das
Reservelazarett Erfurt eingeliefert. Die Erkrankung hatte
dauerhafte gesundheitliche Schäden zur Folge. In den
letzten Kriegstagen 1945 tat der "wehruntaugliche" Offizier der
Reserve im Offizierskasino auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf
Dienst. Fabian soll sich hier über die Aussichtslosigkeit der
militärischen Lage geäußert haben. Er wurde denunziert, verhaftet
und bei einem angeblichen Fluchtversuch am Schwabhäuser Kopf – an
der Stelle des später gesetzten Gedenksteins – erschossen. Der
Leichnam wurde am damaligen Milchsplatz, „Platz der SA“, zwecks
Abschreckung zur Schau abgelegt. Der Tote bekam ein Pappschild um
den Hals gelegt mit der Aufschrift „Volksfeind. So endet ein
Volksverräter.“ Der Platz vor dem damals noch existenten
Bahnhof "Georgenthal Ort" in der Ortsmitte wurde 1945 in
Otto-Fabian-Platz benannt und unweit davon am Schwabhäuser Kopf
1978 um den Gedenkstein ergänzt. Auf Initiative des Lehrers und
Heimatforschers Roland Scharff kam es am 5. April 1978 zu einer
ersten Gedenkveranstaltung mit 130 Teilnehmern, bei der auch die
Witwe und die Tochter des Ermordeten anwesend war. Der
Ortsausschuss der Nationalen Front errichtete am 1.10.1978 den
Stein am Ort der Hinrichtung. Ein Jahr später (am 1.10.1979)
erhielt der Stein eine kleine beschriftete Kupferplatte, die von
der Patenbrigade aus dem VEB Glüsowerk Tambach-Dietharz von Roland
Scharffs Schulklasse (einer 6. Klasse) angefertigt worden war.
Im April 2015 wurde am Gebäude der Verwaltungsgemeinschaft
"Apfelstädtaue", Tambacher Straße 2, eine Gedenktafel zur
Erinnerung an Otto Fabian angebracht; ihre Aufschrift: "Im
Gedenken an den Georgenthaler Bürger Otto Fabian, der am 5. April
1945 von fanatischen Wehrmachtsangehörigen ermordet wurde".
Information: Roland
Scharff, Georgenthal; Heimatforscher,
sowie dessen Internetseite www.asolveroth.de
Literatur
und Quellen: →Wegweiser
Thüringen (2003) S. 85-86, o.Abb.; →Fischer, Wieland: Georgenthaler erinnern mit einer Tafel an Otto Fabian;
in: Gothaer Tagespost / Thüringer Landeszeitung vom 8.4.2015;
→WASt
Deutsche Dienststelle, Auskunft vom 23.11.2016; →nicht
bei Miethe
(1974),
→nicht bei Bundeszentrale
(1999).
Stand: 7.12.2016
|
Wird
fortgesetzt
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Fußnoten
1
"[...] besonders zum Ende des Krieges hin fielen den
deutschen Feldgendarmen der Wehrmacht Zehntausende 'Fahnenflüchtiger'
in die Hände und wurden entsprechend Hitlers Parole 'Der Soldat
kann sterben, der Deserteur muss sterben' exekutiert. Im Volksmund
wurden die Feldgendarmen in Anspielung auf die zur Uniform gehörende
metallene Plakette mit der Aufschrift Feldgendarmerie oder Feldjägerkommando,
die an einer Kette um den Hals getragen wurde, als Kettenhunde
bezeichnet." (aus: Wikipedia: Feldjäger; Zugriff 18.3.2016)
Da viele Kompanien der Feldgendarmerie aus SS-Korps rekrutiert
wurden (z.B. Waffen-SS) bzw. die SS-Divisonen eigene
Feldgendarmerie-Kompanien hatten, gingen viele Zivilisten davon
aus, dass die "Kettenhunde" zugleich SS-Angehörige
seien. Doch auch andere Heereseinheiten, wie die Wehrmacht und die
Luftwaffe, besaß Feldgendarmerie-Einheiten.
Literatur
Bundeszentrale
(1999)
| Gedenkstätten für die
Opfer des Nationalsozialismus, Eine Dokumentation, hgg von der
Bundeszentrale politische Bildung, Bd. 2 [neue Bundesländer und
Berlin], Bonn 1999
Miethe (1974)
| Miethe,
Anna Dora: Gedenkstätten Arbeiterbewegung, Antifaschistischer
Widerstand, Aufbau des Sozialismus; hgg. vom Institut für
Denkmalpflege in der DDR; Leipzig 1974 (Redaktionsschluss Dez.
1973)
Traditionskommission
(1988)
| Traditionskommission
/ SED-Bezirksleitung Dresden (Hg.): Erinnerungsstätten der
revolutionären Arbeiterbewegung im Bezirk Dresden; Dresden 1988
(Redaktionsschluss 31.12.1988)
Wegweiser
Thüringen (2003)
| Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten des
Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945; Band 8 Thüringen; Hg.:
Thüringer VVN-BdA und Studienkreis Deutscher Widerstand;
Frankfurt a.M. 2003
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