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Postalisch gelaufene, von und an inhaftierte
Antifaschisten, Kriegsgegner und Sozialisten versandte Postkarten.
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Objekt: 1921_woche |
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Objekt: 1927_temme |
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Objekt:
1927_justizpalast |
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Österreich
/ Deutschland Titel: Wien 15. und 16. Juli 1927. Adressseite Drucktext: Ein unbewaffneter Arbeiter wendet sich gegen verfolgende Polizeipatrouillen mit dem Rufe: „Da, schießt her!“ und reißt Rock und Hemd auf. – Die Polizei schoß wirklich! (Durch Zeugenaussagen protokollarisch aufgenommener Tatbestand.) / Herausgegeben im Verlag „Österreichische Rote Hilfe“. Gewidmet den Juliopfern. Verlag / Herausgeber: Verlag „Österreichische Rote Hilfe“. Künstler / Bildentwurf: Victor Th. Slama (1890-1973), österreichischer Grafiker und Plakatkünstler. Hintergründe zur Postkartensendung: Eine Jugendformation des RFB sandte am 19.3.1928 (Poststempel) diesen Kartengruß an ihren inhaftierten Genossen Arthur Koß: "Lieber Genosse! Die revolutionären Grüße unserer Genossen im Gedenken sendet dir Rote Jungfront Abt. 10 / i.A. Fritz Reibe". Vor dem Absenden der Karte hat Fritz Reibe noch den Bestimmungsort von Gefängnis Fuhlsbüttel in Gefängnis Hahnöfersand geändert (Hahnöfersand ist ein Hamburger Gefängnis in der Elbgemeinde Jork). Auf dem beigeklebten Prüfzettel wird festgestellt, dass die Karte "von einem entlassenen Strafgefangenen" stammt und zu den Akten (z.d.A.) gelegt, also nicht an Koß ausgehändigt worden ist. |
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Arthur Koß (1904-1944) wuchs in
Hamburg-Barmbek auf, erlernte den Beruf eines Modelltischlers und
gründete nach dem Umzug der Familie nach Hamburg-Langenhorn eine
Ortsgruppe der SAJ. Er schloss sich der KPD und dem RFB an, um aktiv gegen
den erstarkenden Faschismus in Deutschland beitragen zu können. Im
Verlaufe einer KPD-Demonstration im Herbst 1927 in der Hamburger
Innenstadt kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen, infolge derer er
verhaftet und im Januar des Folgejahres vom Landgericht Hamburg wegen
Landfriedensbruch zu acht Monaten Gefängnis verurteilt wurde, die er bis
zu einer Amnestie im Juli absaß. Die Postkarte kam also in dieser
Haftzeit zum Versand. Die genauen Umstände der vorgeworfenen Tat sind
noch nicht ermittelt (Stand Januar 2016). 1933 verhaftet, überstand Arthur Koß lange Haftjahre in den
Konzentrationslagern Fuhlsbüttel, Papenburg und Neuengamme. Kurz vor
Kriegsende wurde er - wie viele politische Häftlinge - in das SS-Kommando
Dirlewanger gezwungen, das an der slowakisch-ungarischen Grenze gegen die
Rote Armee zum Einsatz kam. Hier starb er im Dezember 1944. Postalische Merkmale: Gelaufen März 1928 (Hamburg). Datierung der Kartenproduktion: Juli 1927. Sammlung: Postcard-social |
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Objekt: 1929_confino | ||||||||
Italien Titel: - Hintergründe zur Postkartensendung: Handschriftlich am 18. März 1929 verfasste Mitteilungen von Bruno Piccinetti an Mario Gastardello in Venedig. Der Steinmetz Bruno Piccinetti aus Livorno war durch ein faschistisches Sondergericht (Tribunale speciale) wegen seiner Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei (PCI) zur drei Jahren Confino verurteilt worden, die er auf der Insel Ponza verbringen musste. "Confino" hieß der zwangsweise verhängte Aufenthalt (Zwangsdomizil, Verbannung, auch mit "Verschickung" oder "Internierung" übersetzt), eine im faschistischen Italien häufig verhängte Arreststrafe für kriminelle Häftlinge und politische Gegner. Ponza (vor Latina, südlich von Rom) gehörte neben Lipari, Ustica und Lampedusa zu den bekanntesten "Verschickungsinseln" für Regimegegner. Auch abgelegene Orte auf dem Festland, in Sardinien und Süditalien, dienten als Zwangsdomizile. |
// Nach dem Krieg hat der antifaschistische Arzt und Maler Carlo Levi (1902-1975) in seinem (in viele Sprachen übersetztes) Buch "Cristo si è fermato a Eboli" (Christus kam nur bis Eboli, 1945) seinen Zwangsaufenthalt in den Jahren 1935 und 1936 in Aliano (Lucania, Süditalien) geschildert. Postalische Merkmale: Gelaufen März 1929 (Ponzo). Zensurstempel: "Verificato Per Censura Distaccamento M.V.S.N. Ponza” (Geprüft durch die Zensurabteilung der MVSN Ponzo). Die MVSN war von 1923 bis 1943 die faschistische Miliz Italiens, auch Schwarzhemden genannt. Sammlung: Postcard-social |
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Objekt: 1932_peters |
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Deutschland Titel: Karl Peters zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt, eingekerkert seit 1924, zweimal um die Amnestie betrogen. / 3000 politische Gefangene rufen: Kampf für die Vollamnestie / Übt Massensolidarität Adressseite Drucktext: 116 Arbeiter-Morde in 14 Monaten! 3000 polit. Gefangene appellieren: Übt Massensolidarität für Terror-Opfer- und Gefangenen-Hilfe! Schutz und Hilfe allen Opfern! Kämpft mit der Roten Hilfe! Heraus zum Solidaritätsaufgebot! / 20.000 Angeklagte rufen: 200 000 neue Mitglieder in die Rote Hilfe! / Adresse: Karl Peters, polit. Gefangener / Zuchthaus Brandenburg / Preis 10 Pfg. Verlag / Herausgeber: Rote Hilfe Deutschland. Hintergründe zur Postkartensendung: Die an den "Strafgefangenen Josef Biergans" gerichtete Neujahrskarte überbrachte dem Empfänger "revolutionäre Grüße" von der Ortsgruppe Porz (der RHD oder KPD). Porz liegt am Rhein und ist seit 1975 ein Stadtteil von Köln. Am oberen Rand der Adressseite erkennen wir die handschriftlichen Bemerkungen des Personals der Haftanstalt: "1) vorzeigen, 2) zrck. [Signatur] 8/1". Demnach durfte der Häftling die Karte am 8. Januar 1932 kurz in Augenschein nehmen. Solche Signale der Solidarität gehörten zur Betreuung inhaftierter Genoss(inn)en durch die Rote Hilfe (RHD). // Die Strafanstalt Rheinbach (bei Bonn) wurde 1914 als Zuchthaus gegründet und besteht noch immer. // Über den politischen Gefangenen Josef Biergans liegen derzeit keine biografischen Angaben vor (Stand Dezember 2016). |
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Das Kartenmotiv ist dem
inhaftierten Kommunisten Karl Peters und weiteren 3000 politischen
Gefangenen in Deutschland gewidmet. Peters gehörte (wie auch Max Hoelz) zum
Umfeld der anarchistischen KAPD-Gruppierung Karl Plättners, die Anfang der
1920er Jahre mittels Bank- und Raubüberfällen eine "Expropriation der
Expropriateure" zur Praxis politischen Handelns in Mitteldeutschland erhob.
Während das Gericht Plättner politische Motive zuerkennen musste, unterblieb
dies bei verhafteten Mitgliedern anderer "Expropriationsgruppen". Obwohl
Plättner 17 Überfälle zugeordnet wurden, kam er durch die Amnestie von 1928
wieder frei. Ebenso Hoelz. Karl Peters und andere Inhaftierte, die als
Kriminelle galten, fanden erst durch Erich Mühsams Fürsprache Anerkennung
als politische Gefangene durch die Rote Hilfe und die KPD. Peters bekannte
sich während der Haftjahre zur KPD. Im Winter 1930 / 1931 organisierte die
RHD, unterstützt durch die KPD-Presse, eine große Amnestiekampagne ("Rettet
Karl Peters") für den im Zuchthaus Brandenburg einsitzenden Häftling. Anfang
1932 wurde er als Landtagskandidat der KPD aufgestellt. Eine Überprüfung des
Urteils erbrachte die Reduzierung der lebenslänglichen Zuchthausstrafe auf
eine Haftzeit bis 1936. Die Nazis entließen Peters jedoch nicht aus der
Haft, sondern verschärften die Haftbedingungen für ihn. Peters kam 1943 im
KZ Mauthausen um.
Postalische Merkmale: Gelaufen am 6. Januar 1932 (Postsempel PORZ). Datierung der Kartenproduktion: Ende 1930. Sammlung: Postcard-social.de |
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Objekt: 1932_timm |
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Deutschland Titel: -- Adressseite: handschriftliche Mitteilung: Werter Genosse Timm! Wir gratulieren Dier [!] herzlich zu Deinem Geburtstage, Genosse Attrot u. Frau. Herausgeber: [RFB Neumünster] Hintergründe zur Postkartensendung: Glückwünsche auf einer Fotopostkarte der Neumünsteraner RFB-Formation zum Geburtstag von Rudolf Timm (geboren 1901 in Alveslohe), Kommunist aus Neumünster, der seinen Geburtstag im Januar 1932 noch hinter Gittern verbrachte. Ebenso wie der Reichstagsabgeordnete der KPD Christian Heuck wurde Rudolf Timm in der Nacht vom 23. zum 24. Januar 1934 im Polizeigefängnis Neumünster ermordet. Für beide Männer finden sich bei Wikipedia Biogramme. |
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Die Fotopostkarte wurde aus Vorsichtsgründen
nicht der Post anvertraut, sondern entweder im Kuvert an den
Gefängnisinsassen Rudolf Timm adressiert oder seiner Frau übergeben, damit
sie das Foto beim nächsten Besuch in der Haftanstalt ihrem Mann aushändigen
oder zumindest vorzeigen konnte.
Postalische Merkmale: -- Datierung der Kartenproduktion: Um 1932. Zwar der RFB seit 1929 verboten, doch legten seine Mitglieder dennoch bei nichtöffentlichen Gelegenheiten ihre Uniformen an. Sammlung: Postcard-social.de |
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Objekt: 1939_helpo |
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Bulgarien
/ China Titel in Esperanto: Helpo al Ĉinio estas helpo al la mondpaco! / Ĉinaj partizanoj dum manĝado. Übersetzung: Hilfe für China ist Hilfe für den Weltfrieden / Chinesische Helfer beim Essen. Herausgeber / Verlag: “Voĉoj el oriento” (1938-1939 in China hgg. sozialistische Zeitschrift in Esperanto). Texte: Aufdrucke in Esperanto, handschriftliche Mitteilungen und Zensurstempel in Bulgarisch. Hintergründe zur Postkartensendung: Im Dezember 1939 richtete der Absender der Karte, "Kionota" aus dem südbulgarischen Charmanli, eine Postkarte "an den politischen Häftling Hristo Apostolow" im Zentralgefängnis von Sliwen im Ostteil des Landes. Besorgt fragt er an, ob der inhaftierte Freund die Geldsendung über 160 Lewa und einen vor Monaten abgesandten Brief erhalten habe. Kionota bittet ausdrücklich darum, den Empfang aller Sendungen zu bestätigen. Offensichtlich schrieb hier ein Mitglied der illegal wirkenden bulgarischen Roten Hilfe, das im Auftrag der Organisation den Kontakt zu politischen Gefangenen aufrecht erhalten sollte. Auch die Anrede mit "Sie" lässt darauf schließen. Auf der Adressseite der Postkarte ist ein Prüfstempel der Gefängnisverwaltung zu sehen ("Zentralgefängnis Sliwen / Geprüft / Superintendent"). Ob die Karte an den vorgesehenen Empfänger ausgehändigt worden ist, ist nicht ersichtlich. |
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Nach dem "Putsch
des 19. Mai" (bulg.: Деветнадесетомайски преврат) im Jahr 1934 regierten die
Putschisten ("Sweno-Regierung") acht Monate lang durch Erlasse (in dieser
Zeit Anerkernnung der UdSSR). Nach ihrem Rücktritt führte im Januar 1935 Zar
Boris III. ein monarchofaschistisches Regime ein, eine "Königsdiktatur" mit
formal-demokratischen Elementen. Zwar ließ er 1937 Kommunal- und 1938
Parlamentswahlen zu und führte schrittweise das Frauenwahlrecht ein, doch
die politischen Parteien und Organisationen blieben weiterhin verboten. Es
zogen nur "unabhängige" Abgeordnete ins Parlament (Sobranje) ein, deren
Anwesenheit das Regime legitimieren sollte. Am Vorabend der Parlamentswahlen 1938 ließ der Zar 10.000
Aktivisten der Volksfrontbewegung (zumeist Kader der Bulgarischen
Arbeiterpartei) verhaften. Rund 1000 von ihnen wurden in verschiedenen
Landesgebieten interniert. Möglicherweise gehörte auch
Hristo Apostolow
zu den Verhafteten. Die Verhaftungswelle konnte nicht verhindern, dass ein
Drittel aller 180 Mandate auf den oppositionellen
"Verfassungsblock" entfielen.
Zar Boris III löste nach zwei Jahren das Parlament wieder auf. /
Die Rote Hilfe, legal in den 20er
Jahren gegründet, gehörte unter Zar Boris III. zwar zu den verbotenen
Organisationen, doch nach den Volksfrontdirektiven der Komintern im Jahr
1935 entfalteten die Kommunisten im Land eine äußerst flexible Tätigkeit
und traten in legale Vereine und Gewerkschaften ein, um dort ihre Arbeit
weiterzuführen. Postalische Merkmale: Gelaufen Dezember 1939 (Charmanli und Sliwen). Datierung der Kartenproduktion: 1938 / 1939. Sammlung: Postcard-social |
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